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20. November 2009

Vom Kardinal, dem Krieg und den eifrigen Nonnen

Ja, also es ist ja deutlich, ein Flugzeug ( mit Propellermotoren) einmal eine runde Svastika, Boote mit einer englischen einer amerikanischen und einer mir unbekannten Flagge. Kanonen die lustig in die Luft böllern am Ufer geharnischten Nonnen mit der belgischer und fransös. Flagge -die mit Pfeil und Bogen einen 'Gegner ' niedergeschossen haben, ein Schild mit Svastika (oder Hakenkreuz) liegt daneben) eine andere Nonne die ein Hack-Beil schwingt...
Tja da hat eine Nonne oder mehrere gleichgesinnte dem Ausdruck gegeben, was zu schwer zu tragen war..dieses Dokument hat mit dem Kardinal MERCIER zu tun; hier einige Details:


Desiré-Joseph Mercier erhielt eine humanistische Schulbildung und studierte anschließend in Mecheln, Löwen und Paris die Fächer Katholische Theologie, Philosophie und Psychologie. Er empfing am 4. April 1874 das Sakrament der Priesterweihe und promovierte nach weiterführenden Studien zum Doktor der Philosophie.

Von 1877 bis 1882 leitete Mercier das Seminar Mechelen und unterrichtete Philosophie. Von 1882 bis 1905 dozierte er als ordentlicher Professor der Philosophie an der Universität Löwen. Darüber hinaus versah er verschiedene Leitungsaufgaben in der Priesterausbildung seines Bistums und gab eine philosophische Fachzeitschrift heraus.
1906 wurde Desiré-Joseph Mercier von Papst Pius X. zum Erzbischof von Mecheln ernannt. Die Bischofsweihe spendete ihm am 25. März 1906 der damalige Apostolische Nuntius von Belgien und spätere Kardinal, Antonio Vico.


Als König Albert I. während der deutschen Besatzung im Ersten Weltkrieg ins Exil fliehen musste, organisierte Mercier den Widerstand in Belgien.



Auf der Webseite des Klosters gibt es, wann man länger sucht, den sog. Hirtenbrief des Kadrinal Mercier...datiert aus dem Jahre 1914:

Er ermutigt die Soldaten mit grossem Pathos dem Angreifer Stand zu halten und das Vaterland zu verteidigen.


Die Nonnen haben dann in 35 Bildern die geschichtlichen Ereignisse fein säuberlich gemalt (aufgezeichnet) , die letzte Abbildung hat wohl dem Dokument Pate gestanden, welches dann auf dem besagten Speicher gefunden wurde.

Vorwort zum Buch Patriotismus und Standfestigkeit - Hirtenbrief S. E. CARDINAL MERCIER - Weihnachten 1914 veröffentlicht von der Internationalen katholischen Buchhandlung Brepols (Turnhout - Belgien) im Jahr 1921.“

(man muss tief runterscrollen um die 24 Abbildungen zu sehen)


Und so könnte das Dokument enstanden sein:


Im stillen bescheidenen "Kämmerlein" beugten sich Nonnen über ihre Pergamente und malten unermüdlich, malten ihr Leid und ihre Zweifel und ihre Ratlosigkeit.








Es könnte aus sein, dass erst viel später einige Abbildungen des Hirtenbirefes neu bearbeitet" wurden. Hier unten ein Detail aus Abbildung 25 wo einiges verändert wurde: "
im Original sieht man ein Wappenschild mit einem Adler, wobei in der anderen Darstellung der Adler durch eine gedrehte Svastika ersetzt ist... auch die Fahnen sind im Original "zeitgenössischer": keine Stras and Stripes und kein Union Jack...



-----> zum Vergrössern anklikken!!

Nun, wie dem auch sei, es ist vielleicht eine Aussage die in Bildern zeigt, was in Worten nicht ausgedrückt werden durfte...

Und damit ist das Thema beendet!!!

5. November 2009

Die Kathedrale - und die Suche nach dem Erzengel

Die Arbeit des Lay-out für das französische Mitteilungsblatt besteht darin, den Text korrekt und ausgewogen zu plazieren und nach Bildern zu suchen, die das, was der Text in Worten ausdrückt, bildlich zu „ untermalen“.
Im Artikel von Bart Lambregt über „MICHAEL und die Steinerschule in Brüssel“ wird über eine Abbildung des Erzengels berichtet die augenscheinlich “verloren“ oder „unauffindbar ist“. Die Abbildung, die dem Text beigefügt ist, ist aber eine andere , neueren Datums, und stellt eine vergoldete Statue des Erzengels Michael dar, die das Gegestück zu der heiligen Gudula ist.

Im antrhoposofischen Milieu „wusste“ man, dass Rudolf Steiner sich während seiner verschiedenen Reisen zwischen 1906 und 1910 , wenn auch nur kurz, in Brüssel aufgehalten hatte. Während eines Aufenthaltes besuchte er die Kathedrale und , so wird berichtet, betrachtete lange das Standbild des Erzengel Michael und sagte folgendes :
Es wäre gut, wenn jede anthroposophische Initiative in Brüssel vor diesem Bild innehalten würde.“
Mit anderen Worten: Jeder der vor diesem Bild meditiert kann erahnen, was diese Initiativen in Brüssel so aussergewöhnlich macht“...
Diese Aussage R. Steiners ist leider nirgens schriftlich hinterlegt, aber sie gehört in die Rubrik der „hypotetischen Aussagen“, die als wahr angenommen werden, da sie von Zeitgenossen R. Steiners der Nachwelt überliefert worden sind. Die Statue, von der hier die Rede ist, steht dort nicht mehr. “Man“ sagte, es sei das sehr schöne Bild eines jungen Engels mit fast weissem Gesicht; andere wiederum meinten, es handele sich um eine weisse Marmorstatue.
War es nun ein Bild oder eine Statue? Nichts Genaueres war bis jetzt bekannt, es kann aber sein, dass das Wort BILD daher komt, dass man im flämischen zu einer Statue „stanbeeld“ sagt und dass je nachdem in welcher Sprache man davon redete, entweder das Wort „standbeeld“ als „Bild“ oder „statue“ verstanden wurde. Also, nichts war deutlich und die Sache wurde umso spannender.
Bis jetz war also bekannt, dass eine Staute oder ein Bild in der Kathedrale gestanden hatte... Aber nichts war wirklich präzise....., das Thema wurde „geheimnisvoll“. Da man wusste, dass diese Statue sich in der Kathedrale befand, war die Wette sie wiederzufinden verlockend….und das war es, was mich veranlasste die Herausforderung anzunehmen.
Die ersten Nachforschungen ergaben die "Anwesenheit einer Statue irgendwo in den Tiefen der Sakristei ", die aber verschlossen war. Um Zugang zu bekommen musste ein Vorgesetzter die Tür öffnen. Andere Quellen sagten die Statue befände sich im Museum des Kirchenschatzes und man könnte sie teilweise durch eine Glasscheibe sehen. Die dritte Nachforschung ergab folgendes:
(Michel Bastin)
Ich bin durch Zufall im ‚Shop’ der Kathedrale auf einem Syllabus gestossen der von einem Studenten verfasst wurde. Darin wird in der Tat die Existenz einer Statue des „Saint-Michel " erwähnt; die an der Rückseite des Lettners stand. Der Lettner (im neugotischen Stil erbaut,) befand sich seit dem XIX°Jh. am Westeingang der Kathedrale und wurde anlässlich der letzten Restaurierungsarbeiten ( Ende gegen 1999) abgerissen. “
Demzufolge ist es diese Statue die jetzt am Eingang der Schatzkammer steht (dort, wo sich der Kirchen-Schatz befindet.) Leider wird in keiner der Neuveröffentlichungen genaueres darüber berichtet.
Aha, hier war also eine deutliche Spur!!!
Aber seit WANN befand sich diese Statue dort?
Die Arbeiten in der Kathedrale hatten +/- 25 Jahre gedauert! Man musste sich also vor Ort umschauen, um Antworten zu finden. So machte ich mich an einem schönen sonnigen Vormaittag auf den Weg zur Kathedrale.
Es erstaunt mich immer wieder wie lichtdurchflutet es in dieser Kirche ist. Einerseits ist es auf den hellen Stein aus dem sie gebaut ist zurückzuführen, andererseits spielt auch der Lichteinfall eine besondere Rolle: Das Gebäude steht auf halber Höhe zwischen dem Rathausplatz ( für das Volk) und dem „Mont des Arts“, (Berg der Künste) Sitz der Museen, des Königspalastes , der Ministerien, der Politiker und der Bourgeoisie. Die Fenster befinden sich in Ost-West Anordnung, sodass den ganzen Tag über die Sonne in die Kirche fällt. Seltsam,ist auch, dass man ob man nun vun „unten“ oder von „oben“ in die Kirche eitritt, immer eine grosse Treppe „hinauf“ gehen muss ( kurze Erinnerung an den Ursprung:..aus den Sümpfen entstanden wurde auf einer kleinen Höhe die erste Kirche gebaut...)
Ich beachtete weder die Glasfenster, die Orgel noch sonstige Sehenswürdigkeiten und machte mich auf die Suche nach dem Eingang der Schatzkammer: eine eiserne Gittertüre, ein schmaler Eingang (Eintritt 1€) liess den Blick auf einen mittelgrossen Raum frei, in dem die „Schätze“ golden blinkten, vereinzelt sogar hinter Glas. Da der Vorgesetzte noch mit einem Besucher sprach, hatte ich Zeit um einen neugiereigen Blick ins Innere zu werfen...um eventuell die Statuen zu entdecken, .... aber auf den ersten Blick konnte ich sie nicht.entdecken.
Dann war es an mir , meine Fragen zu stellen...: „man hat mir gesagt... ich suche...haben Sie ...die vor langer Zeit...Statue eines Erzengels“...i
ch kam nicht zum Ausreden ..da kam auch schon die direkte Antwort : „dort-sehen Sie… hinter Ihnen ....da oben....“ Tatsächlich, hinter mir, -ich musste den Kopf stark drehen und nach oben schauen- stand- auf einem Sockel von +/- 1.20m eine Statue aus Holz geschnitzt!! die einen jugendlichen Engel darstellte, mit gesenktem Blick, noch ausgebreiteten Flügeln, griechisch-römisch gekleidet, in der rechten Hand ein gesesnktes Schwert, in der linken Hand einen runden Schild, verziert mit einem Tatzenkreuz (wie bei den Templern), der linke Fuss leicht auf dem Kopf eines gefallenen Engels ruhend.
Diese Statue strömte eine graziöse Leichtigkeit und Anmut aus. Es war kein schwer bewaffneter und geharnischter Ritter der sich anschickt einen Drachen zu töten, obwohl seine Bewegungen Beherrschung und Entschlossenheit ausstrahlten. Mein erster Eindruck war : grosses Erstaunen !!!
Den gesuchten hier zu finden, -„abgestellt“-, hoch in einer dunklen Ecke ! Ich erhielt ohne Weiteres die Erlaubnis zu fotografieren, aber auch hier war das keine leichte Sache: durch den Platzmangel konnte ich weder genug Abstand nehmen noch einen geeigneteren Standort für gute Aufnahmen finden. Auch die Lichtverhältnisse waren ungünstig: Es gab entweder zu viel Schatten, oder zu viel Gegenlichtlicht
Der Vorgesetzte gab mir gerne einige Erklärungen:
„Die Statue ist aus polychromem und vergoldetem Holz. Sie stammt aus den südlichen Niederlanden, aus dem XIX Jahrhundert (geschätzt von 1600-1700).
(Um dies zu bestätigen hielt er mir den Katalog der Kathedrale,“vor die Nase“ wo alles schwarz auf weiss gedruckt stand, auch ein Foto war zu sehen.) Weiter erzählte er: „ Der Schutzpatron der Katehdrale ( zum ersten Mal erklang diese Wort) ist ein junger Erzengel ausgerüset mit Schwert und mit Schild, der den aufsäßigen Engel zurückdrängt. Dieser Kampf symbolisiert den inneren Kampf, den jeder Christ gegen den Dämon liefert, der das Böse darstellt. “
Die Statue wurde Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellt und am Ende der Restaurierung der Kathedrale entfernt.
Nun - jetzt war das Rätsel gelöst, das „Bild“ -die „Statue“- war gefunden.
Natürlich kann man vor jedem Erzengelbild meditieren, aber in diesem Fall fand ich es interessant, herauszufinden vor welchem Bild (oder Statue) Rudolf Steiner seine „schicksalschweren“ Worte ausgesprochen hatte; als ob er vorgefühlt hätte, dass in Brüssel, der Kampf mit den Drachen ( Mehrzahl) noch nicht beendet sein würde..... ...
Nun stand diese Statue vor mir, und erinnerte mich an andere- „schon gesehenes Abbildungen-“ irgendwo, aber wo? Nach einigen Überlegungen fand ich es: es waren die Malereien von „Raffaello Santi“ genannt Raphaël.

Es gab aber weitere Abbildungen nach dem selben Motiv, so wie hier untenstehend..

gdfhdfh
Hier nun der Erzengel aus Brüssel: es handelt sch um die ersten Aufnahmen, die eben in etwas ungünstigen Umständen aufgenommen wurden...vielleicht ergibt sich eine Gelegenhiet, um wirklich bessere Aufnahmen machen zu können...
wer weiss...
die Bilder sollten zum Vergrössern ruhig angeklikkt werden!!!!!






* * *

3. November 2009

Fortsetzung des Themas: Michael und Brüssel: - Die Kathedrale – der Erzengel – und R. St.


Nochmal kurz was vorher war:
Wahrscheinlich vor dem 10. Jahrhundert: In den Sümpfen des Senne - Tals finden wir die ersten Bewohner. Ganz im Dunkel der Vergangenheit hebt sich die spätere Grosstadt Brüssel aus den Sümpfen, eine kleine Kapelle wird zu Ehren des Erzengel Michael erbaut. Später folgt eine Kathedrale,(Bauzeit von 1226 – 1490) die den beiden Heiligen MICHAEL und GUDULA geweiht wird.Kurz danach wird ein Rathaus erbaut, auf dessen Turmspitze der Schutzpatron „wacht“.
Die Religionskriege gingen dort vorbei, es gab um 1695 Zerstörungen , anschliesend kam die franz. Revolution.

Darauf folgte die die Kontra-Reform : im Laufe des XVII°, XVIII° und des XIX° Jahrhunderts wurden die Kirchen prachtvoll mit Kunstwerken der Kulturepoche (ideologisch und künstlerisch) dekoriert (im wahrsten Sinne des Wortes)... Letztendlich zerstörten die Städteplaner des XIX° und des XX° einige alte historische Viertel und somit auch die Spuren vergangener Kulturen.

Was die Kathedrale angeht, so hat sie nur ihr wunderbares historisches „Skelett“ bewahrt. Das einzige alte Werk ist ein grosses Glasfenster, das zwischen den beiden Türmen, am Eingang zu sehen ist. Es stellt das ‚letzte Urteil’ dar und wurde 1528 von Eduard de la Marck, gestiftet. Man sieht dort natürlich den Erzengel Michael. Alle anderen Abbildungen datieren aus dem XIX°-XX° Jahrhundert.

Nicht viel war übrig geblieben, auch nicht im Kirchen-Schatz.
Es verbleibt der Eindruck einer Leere.

Es gab den Skandal der blutenden Hostien, die Judenverfolgung. Vom Erzengel Michael sprach man nicht mehr.

Das könnte man so erklären: eine so weit in der Vergangeheit liegende „Person“ wie ein Erzengel wurde durch zwei wichtige Kult-Ereignisse (die in der Kathedrale und beim Volk immer noch omnipräsent sind, )verdrängt: nämlich: die Verehrung der heiligen Muttergottes und –leider: der Kult der entweihten Hostien. (verbunden mit dem Judentum).

Erst ab dem XIX° Jh. Scheint die Stadt sich ihrem Heiligen Schutzpatron zu entsinnen. Das Jesuitenkollege der Stadt wird unter seine Schirmherrschaft gestellt. Erst 1909 nimmt die „Université libre de Bruxelles“(eine Laien-Institution, die 1834 von den Freimaurern (als Gegenpol der Katholischen Universität von Leuven) gegründet wurde, den Erzengel Michael als Emblem.

Es ist wahr, dass sein Schwert durch die Fackel von Prometheus ersetzt wird: er thront über den Devisen „scientia vincere tenebras“: die (Licht von), Wissenschaft wird die Dunkelheit besiegen:

Nun kann man sich fragen : Was bedeutete diese Verehrung des Michael im Verlauf der Jahrunderte? Wie wird die Weiterentwicklung sein? Wird es eine solche geben? Fragen über Fragen.

Ein Historiker würde es so berichten:
„in dieser inzwischen grossen und internationalen Stadt Brüssel lebte eine kleine Gruppe von Menschen, die sich um eine bestimmte Person und ihre ‚Lehre’ zusammengefunden hatten. Diese ‚Lehre’ (manche nennen es auch ‚Geisteswissenschaft’) kam von Deutschland ( eigentlich der Schweiz) über die Niederlande nach Belgien und verbreitete sich schnell im flämischen Teil des Landes, während der französisch sprechende Teil der Bewohner geringer war und etwas langsamer dies neue ‚Lehre’ aufnahm. Insgesamt gibt es 500 Mitglieder dieser Gesellschaft, davon 400 flämisch sprechende, und 100 französisch sprechende. Zusammen formen sie die (AViB)-(SAeB).“

Ich schreibe dies „Hieroglyphen“ denn ich bin sicher, dass die „deutschsprachigen Mitglieder“ dieser Lehre (AAG) oder (AGiD) nun wissen worum es sich handelt! J
Nun ist es ja nicht erstaunlich dass gerade diese Menschen auch den Erzengel Michael verehren. Sie nennen diese Zeit auch „ Michaelisches Zeitalter“.
Sie bauen ihm keine Kathedralen, sondern feiern eher einmal pro Jahr ein „Michelsfest“. Diese Fest wird von allen Altersgruppen gefeiert, angefangen vom Kindergarten über die Schulen und verschiedenen Lese-Gruppen bis in die Altersheime. Diese Menschen haben ein Nachrichtenblatt für ihre Mitglieder, in dem sie 4 mal im Jahr alle wissenswerten Ereignisse kommentieren, ankündigen und besprechen.
Nun war anlässliche eines solchen Festes eine Thema-Doppelnummer Fr und NL mit dem Titel „Michael und Brüssel“ geplant. In beiden Heften standen 8 gemeinsame Artikel die mit dem Michales-Thema und Brüssel zusammen hingen.
Auszüge aus einem der Artikel sind hier in diesem BLOG ja schon erwähnt worden.
Nun gab es einen kleinen Artikel der von der „Steinerschool Brussel“ ausging, in dem ein ( wie sich hinterher herausstellte) wichtiger Satz stand.
Rudolf Steiner hatte während seiner Reisen und bei einem Aufenthalt in Brüssel (zwischen 1906 und 1910) die Katehdrale in Brüssel besucht und einen bedeutungsvollen Ausspruch gemacht.
Davon wird im folgenden Bericht weiter erzählt!!
Bisdann also!

4. Oktober 2009

TEIL 3: "scientia vincere tenebras"; oder: wie die Kathedrale der Heiligen MICHAËL und GUDULA zum grössten antisemitischen Monument wurde..

das vorige Posting endete folgendermassen:
*Heute weiss man, dass Hostien, an feuchten Orten aufbewahrt, durch die Anwesenheit von Schimmelpilzen rote Flecken bekommen; was verdeutlicht, warum man meinte, die Hostien hätten geblutet...

Hier:
Nun für BARBARA :-)

Bei den Schimmelpilzen handelt sich um: Serratia marscescens.


Zur Art Serratia marcescens gehören gramnegative, fakultativ anaerobe, nicht sporenbildende, sich aktiv mit peritrich angeordneten Geißeln bewegende, stäbchenförmige Bakterien. Sie produzieren die hydrolytischen Enzyme DNase, Gelatinase und Lipase.Sie kommen ubiquitär im Boden, Wasser, auf Tieren und Pflanzen vor und sind in der Regel harmlose Saprobionten (Destruenten organischer Stoffe). Die Bakterien können problemlos auf gängigen Medien kultiviert werden. Sie bilden in der Regel ein rotes Pyrrol-Pigment (Prodigiosin, von lateinisch prodigium = Wunderzeichen, siehe unter Historisches), wodurch die Kolonien rot gefärbt sind (siehe Bild 1). Das Genom von Serratia marcescens wurde vom Sanger Institute (Cambridge, Großbritannien) vollständig sequenziert. Es besteht aus einem einzigen in sich geschlossenen DNA-Strang („Bakterien-Chromosom“) und hat eine Länge von 5,1 MBp.Diese Schimmelpilze sind überall zu finden ( im Wasser und im Boden) lieben altes süsses Brot- und eine roten Farbstoff, der dem Blut ähnelt.

Nun geht es wieder weiter...Aber leider dieses Mal wenige Abbildungen, mit der Geschichte des Erzengels MICHAEL.

Man taucht nun unter in die Tiefen der dunklen Vergangenheit der kleinen Stadt aus den Sümpfen, aus der eine grosse und "herrliche" Stadt voller Geschichten, Intriegen und Machtkämpfen entstand ..

Der Kult der „entweihten Hostien“ (denen man einen wunderwirkenden Charakter verlieh) nahm in Brüssel im Lauf der folgenden Jahrhunderte eine unglaubliche Entwicklung an, und wurde zum wichtigsten Kult der Stadt, zusammen mit der („menschlicheren“)Verehrung der heiligen Jungfrau Maria.

Dieser Kult sowie sein gewalttätiges antijüdisches Gestänke wurde durch die kirchlichen Behörden gefördert und durch die Mächtigen unterstützt, insbesondere die Habsburger und andere „Verbündeten“ mischten mit: Karl V warf sich mehrere Male vor den Hostien nieder!!! Unter seiner Herrschaft wird ihnen eine anspruchsvolle Kapelle im Norden des Chors des „Kollegialen“ gestiftet. Große Künstler arbeiteten dort. Die Glasmalereien – sie stellen die Entweihung der Hostien dar - wurden von den mächtigsten Fürsten Europas (die eine Familienverbindungen mit dem Kaiser François 1°, dem König von Frankreich und den Königen von Portugal und von Ungarn hatten …) der Kathedrale geschenkt.


Im XIX° Jhdt. werden die Seitenschiffe mit neuen Glasmalereien ausgestattet, die die Legende des Heiligen-Sakramentes erzählen, (gestiftet von Mitgliedern der Noblesse und sogar von König Léopold 1° ) .… Erstaunlich ist, dass bis vor nicht allzu langer Zeit dort noch ein grosses Gobelin zum selben Thema den Chor schmückte....
Diese Überfülle der Anrufungen (Fürbitten) der ließ einen Historiker erklären, dass die Kathedrale das größte antisemitische Monument des Landes sei….

Im XV Jh.wurde der Brauch der Prozession des Heiligen Sakramentes eingeführt


Von diesem Zeitpunkt an gab es alljährliche Prozessionen; zu bestimmten Jahrhundert-Terminen wurden sogar imposante Jubiläumsumzüge organisiert; es wurden Messen gelesen, die Strassen prunkvoll dekoriert, musikalische Werke komponiert.

Die ersten Widerrufe und Proteste kamen aus verschiedenen Richtungen: -dem Milieu der liberalen-und den antiklerikalen- und dem Milieu der Laien, die erwirken konnten, dass 1870 die Instaurierung(ist das das richtige Wort)?? und die Feierlichkeiten des Heiligen Sakraments annuliert wurden. Erst 1877 liess die Kirche in der Kapelle eine Inschrift anbringen, (-jedoch in zweideutigen Begriffen verfasst) die den legendären Charakter des „WUNDERS“ anerkennt. Der gut gemeinte Rat eines Professors der Kath. Universität Louvain wurde nicht befolgt: er hatte in den 60er Jahren beabsichtigt, sich offiziell bei der jüdischen Gemeinde zu entschuldigen. ....

Man könnte sich folgende Fragen stellen:

* wurde die Verehrung dadurch verwischt?
* Und dadurch der Hass auf der Gegenseite angefeuert?
* warum haben die Mächtigen (des Volkes) die Verehrung des „Heiligen Blut-Kultes“ so sehr gefördert?
Erst ab dem XIX° Jh. scheint die Stadt sich an ihren Heiligen Schutzpatron zu erinnern.
Das Jesuitenkollege der Stadt wird unter seine Schirmherrschaft gestellt. Erst 1909 nimmt die „Université libre de Bruxelles“(eine Laien-Institution, die 1834 von den Freimaurern, als Gegenpol der Katholischen Universität von Leuven) gegründet wurde, den Erzengel Michael als Emblem.
Es ist wahr, dass sein Schwert durch die Fackel von Prometheus ersetzt wird:
Er thront über den Devisen
„scientia vincere tenebras“:
Die Wissenschaft: Licht (Licht der Wissenschaft), wird die Dunkelheit ( Die Unwissentheit) besiegen:


Université Libre de Bruxelles


Abbildung:KUL Katolieke Univesiteit van Leuven

Man könnte also behaupten, die Freimaurer hätten dazu beigetragen, die Erinnerung an „Saint-Michel“ in Brüssel wieder zu beleben !

Genaues darüber kann nicht gefunden werden. Es ist auch seltsam zu erfahren, dass der damalige PLACE ST. MICHEL, aus dem Jahr 1776, später umgetauft wurde; er wurde der heutige Märtyrerplatz ( Place des Martyrs).


Und grade dieser Platz, im Neo klassischen Stil der Epoche gebaut, weist die Proportionen eines Freimaurertempels auf! und-
damit ist die Geschicht natürlich noch nicht zu Ende....

Brüssel und der Erzengel Michael, Teil2

Heute ein wenig Geschichte, Hintergründe , auch wieder zusammengestückelt und mehr oder weniger gut übersetzt (mit herzlichem Dank an die plötzliche Hilfe via Skype-online....)

Man könnte meinen, dass Brüssel den Erzengel im Laufe der Zeit vergessen hat, oder besser, dass er nur noch "äusserlicher Schmuck" geworden ist: man könnte fast meinen er sei wieder in die Sümpfe versunken... (oder aber er hat sich zurückgezogen und ist auf einer anderen Ebene zuschauend tätig).


Hier eine historische Abbildung der COLLEGIALE der Heiligen 'Michael und Gudula' aus dem Jahre 1727


klikk-> vergrösern!!
Die erste Kirche (La collégiale de BALDERIC) brannte nieder, eine neue Kirche wurde erbaut, flankiert durch einen imposanten Vorbau (Westbau) im ottomanischen Stil. Die Grundmauern (sousbassements) sind heute noch dem Besucher zugänlich und befinden sisch unter dem Schiff der heutigen Kathedrale.


klikk-> vergrösern!!

Um 1226 beginnen die Bauarbeiten des heutigen imposanten Gebäudes, welches erst 2 Jahrhundere später fertig wurde. Die beiden Türme wurden 1490 fertiggestellt.
Der Südturm erhält 2 Glocken, die den Namen „Gudule“ und „Michel“ erhalten. Erst viel später, um 1804 kommt eine 3. Glocke hinzu, genannt „ST. Géry“. So sind die 3 Gründungselemente wieder im neuen Bau vereint.


Zur gleichen Zeit hatte , nicht weit von der Kathedrale entfernt, der grosse Maler der flämischen Primitiven, Roger Vander Weyden (Roger de la Pasture) sein Atelier. Hier entstand auch das berühmte Altarbild des letzten Urteils, welches nun im Hospiz von Beaune (Frankreich) bewundert werden kann.
klikk-> vergrösern!! unbedingt!!!

Der Flügelaltabild und das Detailbild des Erzengel Michael mit der Waage.



Der Maler Roger Vander Weyden ist in der Kathedrale beigesetzt, obwohl man die genaue Stelle nicht kennt, nur ein Schild weist darauf hin...


Die historischen Aufzeichnungen sagen nicht viel darüber. Wenn man heutzutage die Kirchen und andere religiöse - oder zivile Gebäude in Brüssel - besichtigt, findet man in fine sehr wenig Abbildungen ode Statuen des Erzengels, nur eine Militär- Gilde der Bogenschützen der Stadt Brüssel ernannte ihn zu ihrem Schutzpatron.


Man muss leider feststellen, dass in de Kirchen in Brüssel sehr wenige Abbildungen oder Statuen aus dem XVI Jahrundert zu finden sind. Die Religionskriege gingen dort vorbei, es gab um 1695 grosse Zerstörungen, anschliesend kam die franz. Revolution. Darauf folgte die die Kontra-Reform: im Laufe des XVII°, XVIII° und des XIX° Jahrhunderts wurden die Kirchen prachtvoll mit Kunstwerken der Kulturepoche (ideologisch und künstlerisch) dekoriert (im wahrsten Sinne des Wortes)...

Letztendlich zerstörten die Städteplaner des XIX° und des XX° einige alte historische Viertel und somit auch die Spuren vergangener Kulturen.
Nicht viel war übrig geblieben, auch nicht im Schatz.

Es verbleibt der Eindruck einer Leere.

Andererseits war ein anderer Kult stark anwesend, auf den man einen Moment zurückgreigfen sollte, nämlich der des ‚Wunders des Heiligen-Sakramentes’.
Im XIV° Jahrhundert, so turbulent es auch war,lebte eine kleine jüdische Gemeinschaft im Schatten des ‚Palais du Coudenberg’. Diese Gemeinschaft stand unter der Schirmherrschaft der Herzöge von Brabant. Nun geschah es, dass im Jahre 1369 die judische Gemeinschaft verdächtigt wurde, die Hostien in verschiedenen Kirchen von Brüssel gestohlen und sie dann mit Dolchstössen „getötet“ zu haben. Es wurde gemunkelt, die Hostien hätten „geblutet“.*..
Die „schuldigen“ „gestanden“ unter Tortur und wurden zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, nachdem sie erst in den Straßen von Brüssel herumgezeigt und öffentlich gequält wurden.
Solche Erzählungen wurden in verschiedenen Gegenden des christlichen Europa bestätigt; insbesondere in Italien, in Deutschland und in Frankreich.Im Allgemeinen waren sie jedes Mal Vorwand einer judenfeindlichen Hetze.


*Heute weiss man, dass Hostien, an feuchten Orten aufbewahrt, durch die Anwesenheeit von Schimmelpilzen rote Flecken bekommen; was verdeutlicht, warum man meinte, die Hostien hätten geblutet..


So viel für heute....es wird aber weitergehen...(denn: Geschichte geht immer weiter)...

26. September 2009

BRÜSSEL und der ERZENGEL MICHAËL

Aus den Sümpfen geboren:
Versuch einer kleinen Zusammenfassung aus den verschiedensten Quellen, aus verschiedenen Sprachen zusammengestückelt, letztendlich ins Deutsche übersetzt , so gut es eben ging...
als erster Teil einer Reihe von.....( mal wie viel es wird...) Zusammenfassungen.
Im Rahmen einer gemeinsamen Nachrichtenblatt- Themen-Doppelnummer
FR und NL für die Mitglieder der Antroposoph. Gesellschaft Belgien mit dem Titel;
St. Michael und Brüssel

1.Teil
Wie BRÜSSEL „Hauptstadt“ wurde..
wie der Erzengel Michael mit dieser Stadt verbunden ist,
damals und heute noch.


Jahrunderte liegen zwischen den 3 FAHNEN
es gibt noch weitere Variationen...




Erste Stadtmauern

Der Beginn liegt wahrscheinlich noch vor dem 10. Jahrhundert:
In den Sümpfen des Senne - Tals finden wir die ersten Bewohner. Sie ließen sich um eine kleine Erhebung auf einer Insel im Fluss nieder:
„Broekzele“ oder „Bruocsella“
war geboren; wahrsten Sinne des Wortes : Wohnort im Sumpf“.
(Brucsella> broek = Sumpf + sali = Gehäuse)
die ersten Stadtmauern um ca 1555
Etymologisch bedeutet „Brüssel“ Bruocsela oder Broeck-Zeele " grosses Haus aus dem Sumpf". Wir finden dieses Wort zum ersten Mal in 695 in einem Dokument, das besagt, dass Brosella der Diözese Tournai angehört.
Die edle und ruhmreiche Geschichte beginnt eigentlich mit Sankt Gery, Bischof von Cambrai, der um das Jahr 600 dort lebte.

Sankt Gery Erzbischof von Cambrai

Zu jener Zeit, (so erinnert man sich) , verwüstete ein Drache das Land, die Wälder und Sümpfe. Sankt Gery, der zuvor schon einen Drachen in der Gegend von in Cambrai besiegt hatte, war entschlossen und griff auch dieses Tier an: obwohl er grösser war als der den er vorher schon besiegt hatte.Trotz der Grösse des Tieres gab er nicht auf. Welch ein schönes Tier! Der unerschrockene Geistliche warf letztendlich seine Stola um den Hals des Drachen und zog ihn an den Rand der Seine, wo er ertrank.
Man nimmt an, dass ab dem 7. Jahrhundert, als der Glaube sich von der Diozöse CAMBRAI, (das spätere Brabant) ausbreitete, und an dieser Stelle eine Kapelle zu Ehren des Erzengel Michael erbaut wurde, genau an der Stelle an der sich die heutige Kathedrale befindet. Die Legende erzählt weiter, dass ST. Gery, Bischof von Cambrai, ein entschlossener Bekämpfer des Heidentums, und der Erbauer dieser Kapelle war. Weiter wird berichtet, dass auf seinen Befehl hin viele Abbilder der germanischen Götter (WOTAN) und der Keltischen Götter zerstört wurden. Diese Zeit, der Beginn des Mittelalters, wird auch mit dem Sieg des Christentums über das Heidentum betrachtet. (der Sieg des LICHTES über die DUNKELHEIT).

Charles , Herzog von Lothringen erbaute um die Kapelle herum eine Art Festung, das CASTRUM, in die er die Überreste der heiligen Gudula bringen liess. Diese Festung kann als erste Stadgründung gesehen werden. ( Von Gudula wird das „Laternenwunder“ erzählt. Auf dem Weg zur Kirche blies der Teufel die Laterne aus. Sie sollte sich verirren. Ein Engel aber zündete die Laterne immer wieder an.)

Die heilige GUDULA mit der Lanterne

Man kann sagen, dass drei Glaubensströmungen durch 3 Vertreter der Religionen die Anfänge der Stadtbildung beeinflusst haben ;

St. Gery, die heilige Gudula und der Erzengel Michael: im Kampf des Lichtes gegen die Dunkelhiet der Kampf des Guten gegen das Böse.

***
In der ersten Hälfte des XI° Jahrunderts erbaute Lambert II, genannt Balderic, Graf von Leuven eine erste grössere Stadtmauer, und erhob die kleine Sankt Michael Kapelle in den Rang der „Collégiale“ (1047).
So war die „Collégiale“ der beiden Heiligen - Michael und Gudula –
als INSTITUTION entstanden, als SITZ des Klerus, (eine führende Rolle in Religion und Politik), und als GEBÄUDE.
Wir haben aber gelesen, dass Sankt Michael schon vor der eigentlichen Stadtgründung verehrt wurde.
Die Tradition erklärt aber, dass dieses Ereignis (St. Michael als Schutzpatron der Stadt) mit der Person des Grafen Lambert II verknüpft ist; die Legende erzählt:

der junge Lambert verehrte ein junges Mädchen aus dem Volk, schön wie der Tag und sehr fromm. Das Mädchen aber wies seine Avancen zurück, und Lambert I°, der Vater , von Wut entbrannt, liess seinen Sohn ins Gefängnis einsperren mit der Absischt, ihn zu töten.
Die Mutter rät dem Sohn, zum Erzengel Michael zu beten. Die Gebete werden erhört und Sankt Michael öffnet die Türen des Gefängnisses. Draussen warten 3 Rosse, das erste für Lambert, das zweite für seine Geliebte, das dritte für den Gesitlichen der sie trauen soll. Sie schwingen sich in die Sättel und reiten in vollem Galopp davon, halten nicht inne, bis sie vor den Toren von Antwerpen stehen. Dort erst war das Paar in Sicherheit.
Der Vater, LambertI°, verzieh seinem Sohn erst auf dem Totenbett, und als Dank ernannte Lambert II Sankt Michael als Schutzpatron der Stadt Brüssel. Er äusserte auch den Wunsch, dass für Sankt Michael einst eine grosse Staute erbaut werden sollte, die auf Dach des höchsten Hauses stehen sollte.
Dieser Wunsch wurde im XV° Jahrundert (genau um 1454) erfüllt. Ein neues Rathaus wurde erbaut, mit einem sehr hohen Turm, und auf die Spitze wurde als Wahrzeichen eine Bronzestatue des Heiligen gesetzt, ein Kunstwerk des Kesselmachers Martin van Rode.

Erzengel Michael heutzutage auf der Spitze des Rathauses , eine Statue aus Kupfer. (Messing?) Höhe: 2.70 Meter (oder vergoldet??)
Eslohnt sich, die Fotos anzuklikken, besonders das letzt!! Man sieht die Feinheiten der Arbeit, die man sonst vom Boden aus als Tourist-Betrachter nicht erkennen kann.

25. Dezember 2008

Der Tannenbaum - eine Geschichte


Der Tannenbaum, Hans Christian Andersen

Draußen im Wald stand ein so niedlicher Tannenbaum. Er hatte einen guten Platz, Sonne konnte er bekommen, von Luft gab es genug, und ringsherum wuchsen viele größere Kameraden, sowohl Tannen wie Fichten. Aber der kleine Tannenbaum war so erpicht auf das Wachsen, er dachte nicht an die warme Sonne und die frische Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die herumgingen und plauderten, wenn sie draußen waren, um Erdbeeren oder Himbeeren zu sammeln; oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll, oder sie hatten Erdbeeren auf Grashalme aufgezogen, dann setzten sie sich zu dem kleinen Baum und sagten: "Nein, wie ist er niedlich klein!" Das wollte der Baum gar nicht hören. Im Jahr danach war er ein langes Ende höher und im Jahr danach wieder um ein noch viel längeres; denn bei einem Tannenbaum kann man immer nach der Zahl der Glieder, die er hat, sehen, wie viele Jahre er gewachsen ist.


"Oh, wäre ich doch solch ein großer Baum wie die andern!" seufzte der kleine Baum, "dann könnte ich meine Zweige so weit im Umkreis ausbreiten und mit dem Wipfel in die weite Welt hinaussehen! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind wehte, könnte ich so vornehm nicken wie die andern dort!"
Er hatte gar kein Vergnügen am Sonnenschein, an den Vögeln oder an den roten Wolken, die morgens und abends darüber hinsegelten.
War es nun Winter und der Schnee ringsum lag funkelnd weiß, dann kam oft ein Hase gesprungen und setzte über den kleinen Baum hinweg, - oh, das war so ärgerlich! - Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war der Baum so groß, daß der Hase um ihn herumgehen mußte. Oh, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das war doch das einzig Schöne in dieser Welt, dachte der Baum.
Im Herbst kamen immer Holzhauer und fällten einige der größten Bäume; das geschah jedes Jahr, und der junge Tannenbaum, der nun ganz gut gewachsen war, zitterte dabei, denn die großen prächtigen Bäume fielen mit einem Knacken und Krachen zur Erde; die Äste wurden abgehauen, sie sahen ganz nackt, lang und schmal aus; sie waren beinahe nicht zu kennen, aber dann wurden sie auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.
Wo sollten sie hin? Was stand ihnen bevor?
Im Frühling, als die Schwalbe und der Storch kamen, fragte der Baum sie: "Wißt Ihr nicht, wo sie hingeführt wurden? Seid Ihr ihnen begegnet?"
Die Schwalben wußten nichts, aber der Storch sah nachdenklich aus, nickte mit dem Kopfe und sagte: "Ja, ich glaube wohl! Ich begegnete manchem neuen Schiff, als ich von Ägypten herflog; auf den Schiffen waren prächtige Mastbäume; ich darf sagen, daß sie es waren, sie rochen nach Tanne; ich kann vielmals grüßen, sie ragen auf, sie ragen!"
"Oh, wäre ich doch auch groß genug, um über das Meer hinzufliegen. Wie ist es eigentlich, dieses Meer, und wem gleicht es?"
"Ja, das ist zu weitläufig zu erklären!" sagte der Storch, und dann ging er.
"Freue dich an deiner Jugend!" sagten die Sonnenstrahlen, "freue dich an deinem frischen Wachstum, an dem jungen Leben, das in dir ist!"
Und der Wind küßte den Baum, und der Tau weinte Tränen auf ihn, aber das verstand der Tannenbaum nicht.
Wenn die Weihnachtszeit kam, dann wurden ganz junge Bäume gefällt, Bäume, die nicht einmal so groß oder in einem Alter mit diesem Tannenbaum waren, der weder Rast noch Ruhe fand, sondern immer fort wollte; diese jungen Bäume, und es waren gerade die allerschönsten, behielten immer ihre Zweige, sie wurden auf die Wagen gelegt, und Pferde zogen sie fort aus dem Wald.
"Wohin sollen sie?" fragte der Tannenbaum. "Sie sind nicht größer als ich, da war sogar einer, der viel kleiner war; weshalb behielten sie alle ihre Zweige? Wo fuhren sie hin?"
"Das wissen wir! Das wissen wir!" zwitscherten die Sperlinge. "Wir haben unten in der Stadt in die Fenster geguckt ! Wir wissen, wo sie hinfahren! Oh, sie kommen zu dem größten Glanz und der größten Herrlichkeit, die man denken kann! Wir haben bei den Fenstern hineingeguckt und gesehen, daß sie mitten in die warme Stube gepflanzt und mit den schönsten Dingen geputzt wurden, mit vergoldeten Äpfeln, Honigkuchen, Spielzeug und vielen hundert Lichtern!"
"Und dann - ?" fragte der Tannenbaum und zitterte an allen Zweigen. "Und dann? Was geschah dann?"
"Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich!"
"Wenn ich nun dazu geworden bin, um diesen strahlenden Weg zu gehen!"jubelte der Baum. "Das ist noch besser, als über das Meer zu fahren! Wie ich mich sehne! Wäre es doch Weihnachten! Nun bin ich hoch und breit wie die andern, die im letzten Jahr fortgefahren wurden! - Oh, wäre ich schon auf dem Wagen! Wäre ich doch in der warmen Stube mit all der Pracht und Herrlichkeit! Und dann -? Ja, dann kommt etwas noch Besseres, noch Schöneres, weshalb sollten sie mich sonst so schmücken! Da muß etwas noch Größeres, noch Herrlicheres kommen -! Aber was ? Oh, ich leide! Ich sehne mich! Ich weiß selbst nicht, was mit mir ist!"
"Freue dich mit mir!" sagten die Luft und das Sonnenlicht; "freue dich an deiner frischen Jugend draußen im Freien!"
Aber er freute sich gar nicht; er wuchs und wuchs, Winter und Sommer stand er grün, dunkelgrün stand er; die Leute, die ihn sahen, sagten: "Das ist ein schöner Baum!" Und zur Weihnachtszeit wurde er als erster von allen gefällt. Die Axt traf tief hinein durch das Mark, der Baum fiel mit einem Seufzer hin zur Erde, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar nicht an irgendein Glück denken; er war betrübt, sich von der Heimat zu trennen, von dem Fleck, wo er aufgewachsen war. Er wußte ja, daß er nie mehr die lieben alten Kameraden sehen würde, die kleinen Büsche und Blumen ringsum, ja, vielleicht nicht einmal die Vögel. Die Abreise war gar nicht behaglich.
Der Baum kam erst zu sich, als er im Hof, mit den andern Bäumen abgepackt, einen Mann sagen hörte: "Der ist prächtig! Wir brauchen keinen anderen!"
Nun kamen zwei Diener in vollem Staat und trugen den Tannenbaum in einen großen schönen Saal hinein. Ringsum an den Wänden hingen Porträts und auf dem großen Kachelofen standen große chinesische Vasen mit Löwen auf den Deckeln; da waren Schaukelstühle, Seidensofas, große Tische voll von Bilderbüchern und mit Spielzeug für hundert mal hundert Reichstaler - wenigstens sagten die Kinder das. Und der Tannenbaum wurde in ein großes Faß voll Sand gestellt, aber niemand konnte sehen, daß es ein Faß war, denn es wurde rundherum mit grünem Zeug behängt und es stand auf einem großen bunten Teppich. Oh, wie der Baum bebte! Was würde noch geschehen? Sowohl Diener wie Fräuleins gingen und schmückten ihn. Auf die Zweige hängten sie kleine Netze, ausgeschnitten aus buntem Papier, jedes Netz war mit Zuckerzeug gefüllt; vergoldete Äpfel und Walnüsse hingen, als wären sie festgewachsen, und über hundert rote, blaue und weiße Lichtchen wurden an den Zweigen festgesteckt. Puppen, die leibhaftig wie Menschen aussahen - der Baum hatte so etwas nie zuvor gesehen -, schwebten in dem Grünen, und ganz zuoberst in den Wipfel wurde ein großer Stern aus Flittergold gesetzt; das war prächtig, unvergleichlich prächtig.
"Heute abend," sagten sie alle, "heute abend soll er strahlen!"
"Oh!" dachte der Baum, "wäre es doch Abend! wären nur die Lichter bald angezündet! Oh, was wohl dann geschieht? Ob dann die Bäume aus dem Walde kommen und mich ansehen? Ob die Sperlinge gegen die Scheiben fliegen? Ob ich hier festwachse und Winter und Sommer geschmückt stehe?"
Ja, der wußte gut Bescheid; aber er hatte nun ordentlich Rindenweh vor Sehnsucht, und Rindenweh ist ebenso schlimm für einen Baum, wie Kopfweh für uns andere!
Nun wurden die Lichte angezündet. Welcher Glanz, welche Pracht! Der Baum zitterte an allen Zweigen dabei, so daß eines der Lichte das Grüne ansteckte; er schwitzte ordentlich.
"Gott bewahre uns!" schrien die Fräuleins und löschten das Feuer schnell.
Nun durfte der Baum nicht einmal beben. Oh, das war ein Grauen! Er war so bange davor, etwas von all seinem Staat zu verlieren; er war ganz verwirrt von all dem Glanz -und nun gingen beide Flügeltüren auf und eine Menge Kinder stürzte herein, als wollten sie den ganzen Baum umreißen; die älteren Leute kamen besinnlich hinterher. Die Kleinen standen ganz still, aber nur einen Augenblick, dann jubelten sie wieder, so daß es hallte; sie tanzten rund um den Baum, und ein Geschenk nach dem andern wurde abgepflückt.
"Was tun sie nur?" dachte der Baum. "Was soll da geschehen?" Und die Lichte brannten bis auf die Zweige herab, und nachdem sie herabgebrannt waren, löschte man sie aus, und dann erhielten die Kinder Erlaubnis, den Baum zu plündern. Oh, sie stürzten auf ihn ein, so daß es in allen Ästen knackte; wäre er nicht mit der Spitze und dem Goldstern an der Decke festgebunden gewesen, so wäre er umgestürzt.
Die Kinder tanzten herum mit ihrem prächtigen Spielzeug, keiner sah den Baum an, außer dem alten Kindermädchen, das hinging und zwischen die Zweige guckte, aber das war nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen war.
"Eine Geschichte! Eine Geschichte!" riefen die Kinder und zogen einen kleinen dicken Mann zum Baum hin, und er setzte sich grade darunter. "Denn dann sind wir im Grünen!" sagte er, "und dem Baum kann es noch besonders gut tun mit zuzuhören; aber ich erzähle nur eine Geschichte. Wollt Ihr von Ivede-Avede hören oder von Klumpe-Dumpe, der die Treppen herabfiel und doch auf den Hochsitz kam und die Prinzessin kriegte?"
"Ivede-Avede!" schrien einige, und "Klumpe-Dumpe!" schrien andere. Es war ein Rufen und Schreien, nur der Tannenbaum schwieg ganz stille und dachte: "Soll ich gar nicht dabei sein, gar nichts tun?" Er war ja dabei gewesen, hatte getan, was er tun sollte.
Und der Mann erzählte von "Klumpe-Dumpe", der die Treppen herabfiel und doch in den Hochsitz kam und die Prinzessin erhielt. Und die Kinder klatschten in die Hände und riefen: "Erzähle! Erzähle!" Sie wollten auch "Ivede-Avede" haben, aber sie bekamen nur "Klumpe-Dumpe" zu hören. Der Tannenbaum stand ganz still und gedankenvoll, niemals hatten die Vögel draußen im Wald so etwas erzählt. "Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin! Ja, ja! So geht es zu in der Welt!" dachte der Tannenbaum und glaubte, daß es wahr sei, weil es ein so netter Mann war, der erzählte. "Ja! ja! Wer kann wissen! Vielleicht falle ich auch die Treppen hinab und bekomme eine Prinzessin!" Und er freute sich auf den nächsten Tag, daß er wieder mit Eichten und Spielzeug, Gold und Früchten geschmückt werden solle.
"Morgen werde ich nicht zittern!" dachte er. "Ich will mich recht all meiner Herrlichkeit erfreuen. Morgen werde ich wieder die Geschichte von 'Klumpe-Dumpe' und vielleicht die von 'Ivede-Avede' hören." Und der Baum stand still und gedankenvoll die ganze Nacht.
Am Morgen kamen Burschen und Mädchen herein.
"Nun beginnt der Staat wieder!" dachte der Baum, aber sie schleppten ihn aus der Stube, die Treppen hinauf auf den Speicher und dort, in einer dunklen Ecke, wohin kein Tag schien, stellten sie ihn hin. "Was soll das bedeuten?" dachte der Baum. "Was habe ich wohl hier zu tun? Was werde ich wohl zu hören bekommen?" Und er lehnte sich gegen die Mauer und stand und dachte und dachte. - - Und gut Zeit hatte er, denn Tage und Nächte vergingen; keiner kam herauf, und als endlich jemand kam, war es, um einige große Kasten in die Ecke hinzustellen; der Baum stand ganz verborgen, man hätte glauben können, daß er rein vergessen war.
"Nun ist es Winter draußen!" dachte der Baum. "Die Erde ist hart und mit Schnee bedeckt. Die Menschen können mich nicht einpflanzen; deshalb soll ich wohl hier im Schutz stehen bis zum Frühling! Wie ist das wohlbedacht! Wie sind die Menschen doch gut! - Wäre es hier nur nicht so dunkel und so schrecklich einsam! - Nicht einmal ein kleiner Hase! - Das war doch so hübsch draußen im Wald, wenn der Schnee lag und der Hase vorbeisprang; ja selbst, als er über mich hinwegsprang, aber das mochte ich damals nicht. Hier oben ist es doch schrecklich einsam."
"Pi! Pi!" sagte eine kleine Maus in diesem Augenblick und schlüpfte hervor; und dann kam noch eine kleine. Sie schnüffelten am Tannenbaum und glitten zwischen den Zweigen auf ihm herum.
"Es ist eine grausame Kälte!" sagte die kleine Maus. "Sonst ist es hier herrlich zu sein! Nicht wahr, du alter Tannenbaum?"
"Ich bin gar nicht alt!" sagte der Tannenbaum, "es gibt viele, die viel älter sind als ich!"
"Wo kommst du her?" fragten die Mäuse, "und was weißt du?" Sie waren so schrecklich neugierig. "Erzähl' uns doch von dem schönsten Ort der Welt! Bist du dort gewesen? Warst du in der Speisekammer, wo Käse auf den Brettern liegen und Schinken unter der Decke hängen, wo man auf Talglichten tanzt und mager hineinkommt und fett herausgeht?"
"Das kenne ich nicht!" sagte der Baum, "aber den Wald kenne ich, wo die Sonne scheint und wo die Vögel singen!" Und dann erzählte er alles von seiner Jugend, und die kleinen Mäuse hatten nie zuvor so etwas gehört, und sie hörten zu und sagten: "Nein, wie viel hast du gesehen! Wie glücklich warst du!"
"Ich!" sagte der Tannenbaum und dachte über das, was er selbst erzählte: "Ja, es waren im Grunde ganz angenehme Zeiten!" - aber dann erzählte er vom Weihnachtsabend, als er mit Kuchen und Lichten geschmückt worden war.
"Oh!" sagten die kleinen Mäuse, "wie bist du glücklich gewesen, du alter Tannenbaum!"
"Ich bin gar nicht alt!" sagte der Baum, "es war ja in diesem Winter, daß ich aus dem Wald gekommen bin! Ich bin in meinem allerbesten Alter, ich bin nur im Wachstum voraus!"
"Wie du schön erzählst!" sagten die kleinen Mäuse, und nächste Nacht kamen sie mit vier anderen kleinen Mäusen, die den Baum erzählen hören sollten, und je mehr er erzählte, desto deutlicher erinnerte er sich selbst und dachte: "Es waren doch ganz vergnügte Zeiten! Aber sie können noch kommen! Sie können kommen! Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinab und bekam doch die Prinzessin, vielleicht kann ich auch eine Prinzessin bekommen!" Und dann dachte der Tannenbaum an solch einen niedlichen Birkenbaum, der draußen im Walde wuchs, der war für den Tannenbaum eine wirkliche schöne Prinzessin.
"Wer ist Klumpe-Dumpe?" fragten die kleinen Mäuse. Und da erzählte der Tannenbaum das ganze Märchen, er konnte sich jedes einzelnen Wortes erinnern; und die kleinen Mäuse waren bereit, auf die Spitze des Baumes zu springen vor lauter Vergnügen! Nächste Nacht kamen viel mehr Mäuse, und am Sonntag kamen auch zwei Ratten; aber sie sagten, daß die Geschichte nicht amüsant sei, und das betrübte die kleinen Mäuse, denn nun gefiel sie ihnen auch weniger.
"Können Sie nur die eine Geschichte?" fragten die Ratten.
"Nur die eine!" antwortete der Baum, "die hörte ich an meinem glücklichsten Abend, aber damals dachte ich gar nicht, wie glücklich ich war!"
"Das ist eine über die Maßen jämmerliche Geschichte! Kennen Sie keine mit Speck und Talglichten? Keine Speisekammergeschichten?" "Nein!" sagte der Baum.
"Ja, nun wollen wir Ihnen danken!" sagten die Ratten und gingen hinweg zu den Ihren.
Die kleinen Mäuse blieben zuletzt auch fort, und dann seufzte der Baum: "Das war doch ganz hübsch, als sie um mich herumsaßen, die zappligen Mäuschen, und hörten, was ich erzählte! Nun ist das auch vorbei! - Aber ich werde daran denken, mich zu freuen, wenn ich nun wieder hervorgeholt werde!"
Aber wann geschah das? - Ja doch! es war an einem Morgen, da kamen Leute und räumten auf dem Speicher auf. Die Kasten wurden weggehoben, der Baum hervorgezogen; sie warfen ihn freilich etwas hart auf den Boden, aber gleich schleppte ein Bursche ihn zur Treppe hin, wo der Tag schien.
"Nun beginnt wieder das Leben!" dachte der Baum; er fühlte die frische Luft, die ersten Sonnenstrahlen, - und nun war er draußen im Hof. Alles ging so schnell, der Baum vergaß ganz, sich selbst anzusehen, so viel war ringsum zu sehen. Der Hof stieß an einen Garten, und alles blühte darin; Rosen hingen da so frisch und duftend über das kleine Gitterwerk hinaus, und die Schwalben flogen umher und sagten: "Quirre-wirre-witt, mein Mann ist da!" Aber es war nicht der Tannenbaum, den sie meinten.
"Nun werde ich leben!" jubelte er und breitete seine Zweige weit aus; ach, sie waren alle vertrocknet und gelb; er war in der Ecke zwischen Unkraut und Nesseln, da lag er, der Goldpapierstern saß noch oben an der Spitze und schimmerte im hellsten Sonnenschein.
Im Hof spielten ein paar der lustigen Kinder, die zur Weihnachtszeit um den Baum getanzt hatten und über ihn so froh gewesen waren. Eines der Kleinsten eilte hin und riß den Goldstern ab.
"Seht, was da noch auf dem häßlichen alten Weihnachtsbaum sitzt!" sagte es und trampelte auf den Zweigen, so daß sie unter seinen Stiefeln knackten.
Und der Baum sah auf all die Blumenpracht und Frische im Garten, er sah sich selbst an, und er wünschte, daß er in seiner dunklen Ecke auf dem Speicher geblieben wäre; er dachte an seine frische Jugend im Wald, an den lustigen Weihnachtsabend und an die kleinen Mäuse, die so froh die Geschichte von Klumpe-Dumpe gehört hatten.
"Vorbei! Vorbei!" sagte der arme Baum. "Hätte ich mich doch gefreut, da ich es konnte! Vorbei! Vorbei!"
Und der Hausknecht kam und hackte den Baum in kleine Stücke, ein ganzer Bund lag da; prächtig flammte das auf unter dem großen Braukessel; und es seufzte so tief; jeder Seufzer war wie ein kleiner Schuß; deshalb liefen die Kinder, die spielten, herein und setzten sich vor das Feuer, sahen es an und riefen: "Piff! Paff!" aber bei jedem Knall, der ein tiefer Seufzer war, dachte der Baum an einen Sommertag im Wald, an eine Winternacht draußen, wenn die Sterne leuchteten; er dachte an den Weihnachtsabend und Klumpe-Dumpe, das einzige Märchen, das er gehört hatte und zu erzählen wußte - und dann war der Baum ausgebrannt.
Die Jungen spielten im Hof, und der Kleinste hatte den Goldstern auf der Brust, den der Baum an seinem glücklichsten Abend getragen hatte. Nun war der vorbei, und der Baum war vorbei und die Geschichte auch! Vorbei, vorbei, und so geht es mit allen Geschichten!


Quelle: Märchen von Hans Christian Andersen, Berlin 1910

13. August 2008

August-Mitte

.... man merkt es am fahler gewordenen GRÜN, den schon deutlich kürzeren Tagen, am Lichteinfall , am Wind, der anders klingt, vor-herbstlich daherkommt und die Spinnenweben auseinanderzupfend, kurz und gut, man merkt es deutlich: der Sommer hat seinen Höhepunkt erreicht. Doch bleibt noch eine kurze Zeit, bevor der September mit Schulanfang , dem Berufsleben und der "Routine" wieder anfängt.
Die folgende kleine Geschichte schreibe ich für
LIESEL (die vom Förster), da sie gerne wissen wollte, ob es hier "auf dem Land" noch typische Bräuche oder Gepflogenheiten gibt..
Ja, die gibt es. Es gibt etwas ein , Evenement, das zur Tradition geworden ist. Sie stammt nicht aus dem Mittelalter, geht aber auf eine wahre historische Begebenheit zurück von der man nicht mehr gerne spricht, und der nur die "TAT"(*Fusnote) zu einem internationalen EVENT geworden ist.

Also, vor einigen Tagen begann ich mich zu wundern, denn,- bald war ja schon wieder der 15. August, -dass ich noch keine gelben Kleber auf der Strasse gesehen hatte ...

Und hier beginnt , genau wie bei der Geschichte von den Kühen, eine Erinnerung an meinen ersten Sonntagmorgen, grade als ich hier aufs Land gezogen war.
Ich stand am besagten Fenster, (es roch nach frischem café) schaute morgens früh nach draussen , sah aber nicht auf die Kühe, sondern auf ein ungewöhnliches Getreibe vor dem Fenster; Menschen, Wanderer, einnzeln , in kleineren und grösseren Gruppen (Männer, Frauen , alt und jung, marschierten flott vorbei, und das schon um 7.00 Uhr morgens. !! Einige mit Rucksack, andere wiederum fast ohne irgend ein Gepäck. Es kamen Behinderte in spezialen Fahrradkonstrutionen vorbei, , selbst Rollstuhlfahrer begleitet von einem Helfer auf dem Fahrrad .














Nach dem Frühstück hatte ich den Eindruck dass der Strom der vorbeiwandernden zugenommen hatte!.
Es wurde pittoresk. Ich sah "verkleidete" Leute, lustige Mützen, oder auch strenge Uniformen. Und immer wieder kehrte ein Totenkopf auf Flaggen oder als Aufdruck auf einem Hemd oder Jacke vor. Seltsam! und gleichzeitig gruselig.

































Man sang, unterhielt sich laut, oder schaute schweigend verbissen ach vorn.
Mittags kamen grosse Scharen vorbei, sie marschierten langsamer, einige humpelten mehr












oder weniger stark, es gab müde Minen, dann kam wieder ein Trupp Parakommando Soldaten in Reih und Glied fesch vorbeimarschiert. Man hörte , ausser dem flämischen, Englisch, Amerikanisch, Französich, Deutsch, Dänisch und andere Sprachen.


Dieser Mann links ist ein berühmter TV SChauspieler!!
So gegen 15.00 Uhr, (Nachmittags Café) sah man viele Menschen nur "gebückt und schleppend vorankommen, dann liessen sich einige vor dem Fenster ins Gras fallen, streckten sich lang aus ; sie sahen sehr müde und richtig "am Ende" aus,- sie massierten die Beine, -zogen Schuhe aus...nach einer Weile standen sie wieder auf und schleppten sich weiter.. (wie ein Leichenzug) .

















Seltsam, ....Mir kam das alles fast unheimlich vor. Gegen 17.00 Uhr schien es endlich vorbei zu sein, die Strasse blieb leer.. Ein Besenwagen kam vorbei, dann blieb die Strasse leer.
Inzwischen hatte ich mich erkundigt und erfuhr, was da los gewesen war: es handelte sich um : den DODENTOCHT.
Jedes Jahr wird um das Wochenende des 15. August der "DODENTOCHT" veranstaltet.



"Der Dodentocht, auch Totenkopfmarsch genannt,(*siehe Fusnote ) ist ein 100-km-Marsch, der in der belgischen Gemeinde Bornem und Umgebung veranstaltet wird. Der Parcours geht über kleinen Strassen und Feldwege, durch kleinere Dörfer. Ein grosser Teil führt am Ufer der Schelde auf dem erhöhten Deich vorbei.












Nach 50 km, auf halbem Weg, ist ein grosser Erholungsposten mit Schlafsaal und einem Rot- Kreuz-Stand eingerichtet.















Der Marsch findet jährlich im August statt.
Der Dodentocht wird in Bornem und Umgebung wie ein Volksfest gefeiert. Jährlich treten ca. 8000 bis 10.000 Wanderer und Läufer den Marsch an. Je nach Wetter liegt die Erfolgsrate bei 40 - 60 %.
Ziel ist es, 100 km innerhalb von 24 Stunden durchzuwandern. Eine Platzierung findet nicht statt, da die
Motivation des Dodentochts nicht das schnelle Erreichen des Ziels, sondern das Erreichen an sich ist.
Die Abstände zwischen den Stationen verringert sich zum Ziel hin.
Der Marsch beginnt um 21.00 Uhr in Bornem und endet offiziell 21.00 Uhr in Bornem
, jedoch endet inoffiziell der Marsch erst 21.30 Uhr, um den Nachzüglern eine letzte Chance zu geben.
Bei Erreichen des Ziels erhält man traditionell eine Ananas als Erfrischung. Im Organisationszelt wird dann die Urkunde, die u.a. Marschzeiten zwischen den einzelnen Stationen enthält, direkt ausgedruckt und mit der Medaille übergeben."

Das war es also gewesen!
Die Menschen, die da morgens früh um 7.00 Uhr vorbeikamen, hatten also schon 50 km hinter sich. Wir wohnen auf der Hälte des Parcours.
Von diesem Jahr an war es jedes mal das gleiche. Bei jedem Wetter. ES gab Jahre, da regnete es 2 Tage lang in Strömen, an anderen Jahren waren es Hitzewellen, die alles anstrengender machten.
Nur wurde ich neugiereig und versuchte zu ersehen, wann die ersten bei uns vorbeikamen. Tatsächlich kamen die ersten schon gegen 3.00 Uhr Nachts vorbei, es waren die Läufer, die die die Strecke im Rennen ablegen.

Mit den Jahren änderte sich die Kleidermode, das Schuhwerk, man sah jetzt fast jeden im Dialog mit seinem unsichtbarn Handy-Partner, es wurde fast nicht mehr gesungen, dafür hatten sie die Stöpsel der iPods in den Ohren. Auch die Rekord Zeiten wurden immer kürzer, in den letzten Jahren kamen die ersten Läufer schon gegen 1.00 Uhr vorbei. (Über Doping wurde nur gemunkelt).













Auch die Behinderten auf ihren Spezial-Rädern kamen mit immer "moderneren" Modellen .













Eine zeitlang stellt ich dann auch einen Tisch mit Café und kalten Getränken vors Haus..
Es gab die Gelegenheit en wenig zu plaudern und aufzumuntern.
In diesem Jahr hatte die Organisation des DODENTOCHT den Parcours wegen grosser Strassenbauarbeiten in der ganzen Region ändern müssen. (Bei uns werden Arbeiten zur Teilung und Absonderung von Grud-Regen-und Abfallwasser ausgeführt. Seit mehr als 1 Jahr dauern die Arbeiten nun schon,.
Deswegen habe ich den diesjährigen DODNTOCHT verpasst, er war schon vorbei als ich nach den gelben Klebern auf der Strasse suchte!
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* Fusnote:
Man sagt, dass der DODENTOCHT eine Huldigung für eine Gruppe von Kriegsgefangenen aus dem damaligen Konzentrationslager in BREENDONK ist. Sie hatten einen Fluchtplan ausgeführt und haben einen Marsch von 100 km in die Freiheit unternommen. Nur einige wenige sind wirklich in Deutschland angekommen.; viele sind in Belgien oder Frankreich untergetaucht und haben sich später eingegliedert.
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Ich habe vor einigen Monaten Aufnahmen von Fort Breendonk gemacht , ich werde sie später ins Netz stellen .