13. August 2008

August-Mitte

.... man merkt es am fahler gewordenen GRÜN, den schon deutlich kürzeren Tagen, am Lichteinfall , am Wind, der anders klingt, vor-herbstlich daherkommt und die Spinnenweben auseinanderzupfend, kurz und gut, man merkt es deutlich: der Sommer hat seinen Höhepunkt erreicht. Doch bleibt noch eine kurze Zeit, bevor der September mit Schulanfang , dem Berufsleben und der "Routine" wieder anfängt.
Die folgende kleine Geschichte schreibe ich für
LIESEL (die vom Förster), da sie gerne wissen wollte, ob es hier "auf dem Land" noch typische Bräuche oder Gepflogenheiten gibt..
Ja, die gibt es. Es gibt etwas ein , Evenement, das zur Tradition geworden ist. Sie stammt nicht aus dem Mittelalter, geht aber auf eine wahre historische Begebenheit zurück von der man nicht mehr gerne spricht, und der nur die "TAT"(*Fusnote) zu einem internationalen EVENT geworden ist.

Also, vor einigen Tagen begann ich mich zu wundern, denn,- bald war ja schon wieder der 15. August, -dass ich noch keine gelben Kleber auf der Strasse gesehen hatte ...

Und hier beginnt , genau wie bei der Geschichte von den Kühen, eine Erinnerung an meinen ersten Sonntagmorgen, grade als ich hier aufs Land gezogen war.
Ich stand am besagten Fenster, (es roch nach frischem café) schaute morgens früh nach draussen , sah aber nicht auf die Kühe, sondern auf ein ungewöhnliches Getreibe vor dem Fenster; Menschen, Wanderer, einnzeln , in kleineren und grösseren Gruppen (Männer, Frauen , alt und jung, marschierten flott vorbei, und das schon um 7.00 Uhr morgens. !! Einige mit Rucksack, andere wiederum fast ohne irgend ein Gepäck. Es kamen Behinderte in spezialen Fahrradkonstrutionen vorbei, , selbst Rollstuhlfahrer begleitet von einem Helfer auf dem Fahrrad .














Nach dem Frühstück hatte ich den Eindruck dass der Strom der vorbeiwandernden zugenommen hatte!.
Es wurde pittoresk. Ich sah "verkleidete" Leute, lustige Mützen, oder auch strenge Uniformen. Und immer wieder kehrte ein Totenkopf auf Flaggen oder als Aufdruck auf einem Hemd oder Jacke vor. Seltsam! und gleichzeitig gruselig.

































Man sang, unterhielt sich laut, oder schaute schweigend verbissen ach vorn.
Mittags kamen grosse Scharen vorbei, sie marschierten langsamer, einige humpelten mehr












oder weniger stark, es gab müde Minen, dann kam wieder ein Trupp Parakommando Soldaten in Reih und Glied fesch vorbeimarschiert. Man hörte , ausser dem flämischen, Englisch, Amerikanisch, Französich, Deutsch, Dänisch und andere Sprachen.


Dieser Mann links ist ein berühmter TV SChauspieler!!
So gegen 15.00 Uhr, (Nachmittags Café) sah man viele Menschen nur "gebückt und schleppend vorankommen, dann liessen sich einige vor dem Fenster ins Gras fallen, streckten sich lang aus ; sie sahen sehr müde und richtig "am Ende" aus,- sie massierten die Beine, -zogen Schuhe aus...nach einer Weile standen sie wieder auf und schleppten sich weiter.. (wie ein Leichenzug) .

















Seltsam, ....Mir kam das alles fast unheimlich vor. Gegen 17.00 Uhr schien es endlich vorbei zu sein, die Strasse blieb leer.. Ein Besenwagen kam vorbei, dann blieb die Strasse leer.
Inzwischen hatte ich mich erkundigt und erfuhr, was da los gewesen war: es handelte sich um : den DODENTOCHT.
Jedes Jahr wird um das Wochenende des 15. August der "DODENTOCHT" veranstaltet.



"Der Dodentocht, auch Totenkopfmarsch genannt,(*siehe Fusnote ) ist ein 100-km-Marsch, der in der belgischen Gemeinde Bornem und Umgebung veranstaltet wird. Der Parcours geht über kleinen Strassen und Feldwege, durch kleinere Dörfer. Ein grosser Teil führt am Ufer der Schelde auf dem erhöhten Deich vorbei.












Nach 50 km, auf halbem Weg, ist ein grosser Erholungsposten mit Schlafsaal und einem Rot- Kreuz-Stand eingerichtet.















Der Marsch findet jährlich im August statt.
Der Dodentocht wird in Bornem und Umgebung wie ein Volksfest gefeiert. Jährlich treten ca. 8000 bis 10.000 Wanderer und Läufer den Marsch an. Je nach Wetter liegt die Erfolgsrate bei 40 - 60 %.
Ziel ist es, 100 km innerhalb von 24 Stunden durchzuwandern. Eine Platzierung findet nicht statt, da die
Motivation des Dodentochts nicht das schnelle Erreichen des Ziels, sondern das Erreichen an sich ist.
Die Abstände zwischen den Stationen verringert sich zum Ziel hin.
Der Marsch beginnt um 21.00 Uhr in Bornem und endet offiziell 21.00 Uhr in Bornem
, jedoch endet inoffiziell der Marsch erst 21.30 Uhr, um den Nachzüglern eine letzte Chance zu geben.
Bei Erreichen des Ziels erhält man traditionell eine Ananas als Erfrischung. Im Organisationszelt wird dann die Urkunde, die u.a. Marschzeiten zwischen den einzelnen Stationen enthält, direkt ausgedruckt und mit der Medaille übergeben."

Das war es also gewesen!
Die Menschen, die da morgens früh um 7.00 Uhr vorbeikamen, hatten also schon 50 km hinter sich. Wir wohnen auf der Hälte des Parcours.
Von diesem Jahr an war es jedes mal das gleiche. Bei jedem Wetter. ES gab Jahre, da regnete es 2 Tage lang in Strömen, an anderen Jahren waren es Hitzewellen, die alles anstrengender machten.
Nur wurde ich neugiereig und versuchte zu ersehen, wann die ersten bei uns vorbeikamen. Tatsächlich kamen die ersten schon gegen 3.00 Uhr Nachts vorbei, es waren die Läufer, die die die Strecke im Rennen ablegen.

Mit den Jahren änderte sich die Kleidermode, das Schuhwerk, man sah jetzt fast jeden im Dialog mit seinem unsichtbarn Handy-Partner, es wurde fast nicht mehr gesungen, dafür hatten sie die Stöpsel der iPods in den Ohren. Auch die Rekord Zeiten wurden immer kürzer, in den letzten Jahren kamen die ersten Läufer schon gegen 1.00 Uhr vorbei. (Über Doping wurde nur gemunkelt).













Auch die Behinderten auf ihren Spezial-Rädern kamen mit immer "moderneren" Modellen .













Eine zeitlang stellt ich dann auch einen Tisch mit Café und kalten Getränken vors Haus..
Es gab die Gelegenheit en wenig zu plaudern und aufzumuntern.
In diesem Jahr hatte die Organisation des DODENTOCHT den Parcours wegen grosser Strassenbauarbeiten in der ganzen Region ändern müssen. (Bei uns werden Arbeiten zur Teilung und Absonderung von Grud-Regen-und Abfallwasser ausgeführt. Seit mehr als 1 Jahr dauern die Arbeiten nun schon,.
Deswegen habe ich den diesjährigen DODNTOCHT verpasst, er war schon vorbei als ich nach den gelben Klebern auf der Strasse suchte!
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* Fusnote:
Man sagt, dass der DODENTOCHT eine Huldigung für eine Gruppe von Kriegsgefangenen aus dem damaligen Konzentrationslager in BREENDONK ist. Sie hatten einen Fluchtplan ausgeführt und haben einen Marsch von 100 km in die Freiheit unternommen. Nur einige wenige sind wirklich in Deutschland angekommen.; viele sind in Belgien oder Frankreich untergetaucht und haben sich später eingegliedert.
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Ich habe vor einigen Monaten Aufnahmen von Fort Breendonk gemacht , ich werde sie später ins Netz stellen .

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

liebe AOEA,

danke für den Bericht und die tollen Fotos! Das ist wirklich großartig, dieses Gedenken!

herzlichen Gruß
Liesel

Anonym hat gesagt…

und eine leitung 100 km zu gehen oder laufen oder wei auch immer, das schaffe ich nicht mal mit dem rad. hier ist morgen maria himmelfahrt als feiertag, man spührt ihn schon jetzt irgendwie.

Anonym hat gesagt…

liebe AOEA,
hab mir die Fotos nochmals angesehen und bedaure daß es bei uns keinen solchen Erinnerungsmarsch gibt; es gab in Österreich Todesmärsche,durch die Alpen und im östlichen Bundesland, dem Burgenland. Im Großen und Ganzen ist die Nazi-Zeit bei uns eher durch Generationswechsel als durch Aufarbeitung bewältigt worden, leider.
lieben Gruß
Liesel

AOEA hat gesagt…

Liebe Liesel, was den DODENTOCHT und die "Vergangenheit" angeht, so muss ich sagen, dass heutzutage eher die sportliche Leistung im Vordergrund steht. "MAN" sagt eben dass es der Anlass war, aber das tritt heutzutage nicht mehr in den Vordergrund.
Bei den älteren Teilnehmern (und es bleibt immer noch eine grosse Zahl alter Menschen dabei) kann es ja sein dess individuell Gedanken an die Vergangenhiet vorhanden sind.
Auf der Website von Fort Breendonck wird dieser DODENTOCHT auch nicht erwähnt.
So weit für heute...
AOEA

AOEA hat gesagt…

ach so, ich hatte vergessen zu sagen, dass die Fotos nicht von mir persönlich sind, sondern vonder offiziellen Webseite des DODENTOCHT stammen. Ich habe nie selber Fotos gemacht, warum, weiss ich auch nicht...